Warum Sie beim Dosenfisch-Kauf systematisch zu viel bezahlen: Der Trick mit den Portionen

Wer im Supermarkt nach Sardinen in der Dose greift, achtet meist auf den Preis pro Packung oder vergleicht die Angebote verschiedener Produkte. Doch genau hier lauert eine Falle, die selbst aufmerksamen Käufern oft entgeht: Die angegebenen Portionsgrößen auf der Verpackung entsprechen selten der Realität und führen zu Fehleinschätzungen beim Preisvergleich. Was auf den ersten Blick wie ein Schnäppchen aussieht, entpuppt sich beim genauen Hinsehen als cleveres Marketing-Manöver.

Das Spiel mit den Portionsangaben

Auf den meisten Dosenkonserven finden sich Nährwertangaben, die sich auf eine bestimmte Portionsgröße beziehen. Bei Sardinen schwanken diese Angaben erheblich: Manche Hersteller rechnen mit 50 Gramm pro Portion, andere mit 75 oder gar 100 Gramm. Diese Zahlen wirken auf den ersten Blick nebensächlich, haben aber weitreichende Konsequenzen für die Kaufentscheidung.

Das eigentliche Problem liegt in der Willkür dieser Festlegungen. Es gibt keine verbindliche Norm dafür, was eine realistische Portion Sardinen ausmacht. Während viele Verbraucher bei einer Hauptmahlzeit durchaus größere Mengen verzehren, teilen die Hersteller eine 125-Gramm-Dose gerne in zwei oder sogar drei Portionen auf. Das Resultat: Die Nährwertangaben pro Portion sehen deutlich günstiger aus, und der Verbraucher wiegt sich in falscher Sicherheit bezüglich Kalorien, Salzgehalt und Fettmenge.

Irreführung beim Preisvergleich

Noch gravierender wirkt sich diese Praxis auf den Preisvergleich aus. Zwei Dosen stehen im Regal: Die eine enthält 120 Gramm Abtropfgewicht und kostet 1,99 Euro, die andere bietet 180 Gramm für 2,79 Euro. Schnell gegriffen landet die vermeintlich günstigere kleinere Dose im Einkaufswagen. Doch der Grundpreis verrät die Wahrheit: Die kleinere Dose kostet umgerechnet 16,58 Euro pro Kilogramm, die größere nur 15,50 Euro.

Hier kommt die irreführende Portionsangabe ins Spiel: Wenn die kleinere Dose mit „2 Portionen“ ausgezeichnet ist und die größere mit „3 Portionen“, entsteht beim flüchtigen Blick der Eindruck, beide Produkte lägen preislich ähnlich. Tatsächlich zahlt man bei der kleineren Variante deutlich mehr für die gleiche Menge an verwertbarem Produkt.

Das Abtropfgewicht als zusätzliche Stolperfalle

Eine weitere Herausforderung beim Vergleich von Sardinenkonserven stellt die Unterscheidung zwischen Füllgewicht und Abtropfgewicht dar. Das Füllgewicht umfasst die gesamte Dose inklusive Öl, Tomatensauce oder Lake. Das Abtropfgewicht hingegen gibt an, wie viel von den Sardinen tatsächlich übrig bleibt, wenn man die Flüssigkeit entfernt.

Manche Hersteller beziehen ihre Portionsangaben auf das Füllgewicht, andere auf das Abtropfgewicht. Bei einer Dose mit 240 Gramm Füllgewicht und 160 Gramm Abtropfgewicht macht das einen erheblichen Unterschied. Wird die Portion mit 80 Gramm angegeben und auf das Füllgewicht bezogen, enthält sie real nur etwa 53 Gramm Fisch. Diese Informationen sind oft so klein gedruckt oder so unauffällig platziert, dass sie beim normalen Einkauf komplett übersehen werden.

Angebotsaktionen verstärken die Verwirrung

Besonders während Angebotswochen oder Sonderaktionen spielen Portionsangaben eine perfide Rolle. Ein Produkt wird mit „30 Prozent mehr Inhalt“ beworben, doch gleichzeitig erhöht sich die angegebene Portionszahl. Aus einer Dose mit „2 Portionen“ wird eine mit „2,5 Portionen“ – obwohl die tatsächliche Mehrmenge nur 20 Prozent beträgt. Der Verbraucher glaubt, ein außergewöhnliches Schnäppchen zu machen, zahlt aber letztlich sogar mehr pro verwertbarem Kilogramm als zuvor.

Ebenso häufig sind Multipack-Angebote: Drei Dosen zum Preis von zweien klingt verlockend. Doch wenn diese kleineren Dosen jeweils nur 95 Gramm Abtropfgewicht haben, während die einzeln verkaufte größere Variante 170 Gramm bietet, relativiert sich das vermeintliche Schnäppchen. Wieder hilft nur der Vergleich des Grundpreises pro Kilogramm – eine Information, die zwar gesetzlich vorgeschrieben am Regal angebracht sein muss, aber häufig übersehen wird oder nicht auf Anhieb sichtbar ist.

Psychologische Tricks bei der Darstellung

Die Lebensmittelindustrie nutzt gezielt psychologische Effekte, um Produkte attraktiver erscheinen zu lassen. Eine Dose, die als „4 Portionen“ ausgezeichnet ist, suggeriert Ergiebigkeit und Sparsamkeit. Sie vermittelt das Gefühl, dass eine Familie damit mehrere Mahlzeiten bestreiten kann. In der Praxis reicht der Inhalt aber oft kaum für zwei Personen als Hauptgericht.

Auch die Platzierung der Portionsangaben folgt strategischen Überlegungen. Während Angebotspreis und Füllmenge groß und auffällig auf der Vorderseite prangen, versteckt sich die Angabe zum Abtropfgewicht oft auf der Rückseite in winziger Schrift. Die Information, auf welches Gewicht sich die Portionsgröße bezieht, fehlt manchmal ganz oder ist so formuliert, dass sie nur bei genauem Studium verständlich wird.

So schützen Sie sich vor irreführenden Angaben

Der effektivste Schutz gegen diese Marketingtaktiken ist konsequente Aufmerksamkeit beim Einkauf. Ignorieren Sie die Portionsangaben vollständig und konzentrieren Sie sich stattdessen auf den Grundpreis pro Kilogramm. Dieser muss auf dem Preisschild am Regal angegeben sein und ermöglicht den direkten Vergleich zwischen verschiedenen Produkten.

Achten Sie dabei unbedingt darauf, dass Sie Abtropfgewicht mit Abtropfgewicht vergleichen. Wenn nur das Füllgewicht angegeben ist, können Sie als Orientierung davon ausgehen, dass bei Sardinen in Öl oft ein beträchtlicher Teil der Dose aus Flüssigkeit besteht. Ein direkter Vergleich unterschiedlicher Produkte bleibt dennoch schwierig, weshalb das ausgewiesene Abtropfgewicht die verlässlichste Vergleichsgröße darstellt.

Rechtliche Grauzone und Verbraucherschutz

Die Kennzeichnungsvorschriften für Lebensmittel lassen bei den Portionsangaben erhebliche Spielräume. Hersteller dürfen ihre Portionen weitgehend frei definieren, solange die Nährwertangaben korrekt auf diese Portion bezogen werden. Eine Verpflichtung, realistische oder standardisierte Portionsgrößen anzugeben, existiert nicht.

Verbraucherschützer fordern seit Jahren einheitliche Standards, doch die Umsetzung scheitert am Widerstand der Industrie. Bis sich hier etwas ändert, bleibt nur die Eigenverantwortung: informiert einkaufen, genau vergleichen und sich nicht von scheinbaren Schnäppchen blenden lassen.

Praktische Tipps für den bewussten Einkauf

Entwickeln Sie ein Gefühl für realistische Mengen: Dosensardinen sind nahrhaft und proteinreich. Eine 100-Gramm-Portion liefert bereits etwa 25 Gramm hochwertiges Eiweiß sowie wertvolle Omega-3-Fettsäuren. Diese hohe Nährstoffdichte macht bereits moderate Mengen zu einer sättigenden Mahlzeit. Wer mit diesen Richtwerten einkauft, durchschaut schnell die unrealistischen Portionsangaben auf den Verpackungen.

Notieren Sie sich bei Produkten, die Sie regelmäßig kaufen, den Grundpreis pro Kilogramm. So erkennen Sie echte Angebote sofort und fallen nicht auf Scheinangebote herein, bei denen lediglich die Verpackung oder die Portionsangabe verändert wurde. Prüfen Sie bei Multipack-Angeboten immer, ob nicht die größere Einzeldose das bessere Geschäft ist. Oft sind die praktischen Mehrfachpackungen pro Kilogramm deutlich teurer, auch wenn der absolute Preis niedriger erscheint.

Die Transparenz beim Lebensmitteleinkauf liegt zunehmend in der Verantwortung der Verbraucher selbst. Wer die Tricks mit den Portionsgrößen durchschaut und konsequent nach dem Grundpreis einkauft, spart nicht nur Geld, sondern setzt auch ein Zeichen gegenüber irreführenden Marketingpraktiken. Letztlich kann nur informiertes Verbraucherverhalten den Druck erhöhen, ehrlichere und vergleichbarere Kennzeichnungen durchzusetzen.

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