Verbraucherzentrale warnt: So rechnen Hersteller ihre Produkte mit legalen Tricks gesund und sabotieren Ihre Diät

Wer beim Einkauf im Supermarkt bewusst auf die Nährwertangaben achtet, kennt das Problem: Die Zahlen auf der Verpackung wirken zunächst harmlos und passen perfekt ins tägliche Kalorienkonto. Doch beim genaueren Hinsehen offenbart sich eine Täuschung, die besonders Menschen betrifft, die auf ihre Ernährung achten oder abnehmen möchten. Die angegebenen Werte beziehen sich häufig auf Portionsgrößen, die mit der Realität wenig zu tun haben.

Das Problem mit unrealistischen Portionsangaben

Auf den ersten Blick erscheinen viele verpackte Lebensmittel als idealer Snack für kalorienbewusste Verbraucher. Die Nährwerttabelle zeigt moderate Werte, die verlockend niedrig erscheinen. Was viele übersehen: Diese Angabe bezieht sich selten auf den gesamten Inhalt der Verpackung. Stattdessen wird eine Portion definiert, die deutlich kleiner ausfällt als der tatsächliche Inhalt.

Ein dokumentiertes Beispiel aus einer Untersuchung der Verbraucherzentralen zeigt das Ausmaß: Eine Dosensuppe mit 390 Milliliter Inhalt wies eine Portionsgröße von nur 260 Milliliter aus. Wer die gesamte Dose verzehrt – was bei dieser Verpackungsgröße völlig normal ist – nimmt automatisch deutlich mehr Kalorien, Zucker und Fett zu sich als die Portionsangabe suggeriert. Diese Praxis ist rechtlich zulässig, führt aber systematisch zu Fehleinschätzungen.

Die rechtliche Situation bei Portionsangaben

Seit Dezember 2016 sind Hersteller verpflichtet, Nährwertangaben pro 100 Gramm oder 100 Milliliter aufzuführen. Diese Standardisierung ermöglicht theoretisch den Vergleich verschiedener Produkte. Zusätzlich dürfen Hersteller aber auch Angaben pro Portion machen – und hier beginnt die Problematik.

Es existieren keine verbindlichen Standards dafür, was eine Portion darstellt. Die Festlegung erfolgt weitgehend durch die Hersteller selbst. Zwar müssen sie die Größe der Portion und die Anzahl der Portionen pro Verpackung angeben, doch die Definition bleibt in ihrem Ermessen. Die Folge: Die Nährwertangaben erscheinen deutlich günstiger, als sie tatsächlich sind.

Extreme Unterschiede bei gleichen Produktgruppen

Eine Untersuchung der Verbraucherzentralen dokumentiert das Ausmaß der Willkür: Bei Müsli variieren die Portionsgrößen zwischen 30 und 100 Gramm, je nach Hersteller. Bei Knabbereien sind 30 Gramm üblich, allerdings mit enormer Streuung. Diese Inkonsistenz macht es Verbrauchern nahezu unmöglich, ein verlässliches Gespür für angemessene Portionsgrößen zu entwickeln oder Produkte sinnvoll zu vergleichen.

Praktische Auswirkungen auf die Diät

Für Menschen, die Kalorien zählen oder auf ihre Makronährstoffverteilung achten, können diese irreführenden Angaben erhebliche Konsequenzen haben. Die Verbraucherzentrale bringt es auf den Punkt: Durch unrealistisch kleine Portionsangaben werden Produkte gesund gerechnet, und es entsteht schnell der Eindruck, das Gericht sei gar nicht so energie- oder fettreich.

Wer täglich Fertiggerichte oder verpackte Snacks konsumiert und dabei von den Portionsangaben ausgeht, kalkuliert möglicherweise deutlich weniger Kilokalorien ein, als tatsächlich aufgenommen werden. Über eine Woche summiert sich diese Differenz zu einer erheblichen Menge, über einen Monat zu einem Betrag, der durchaus Gewichtsveränderungen bewirken kann. Diese versteckte Kalorienfalle erklärt, warum viele Menschen trotz bewusster Ernährung nicht die erhofften Erfolge erzielen.

So durchschauen Sie die Portionsfalle

Der Schutz vor dieser Form der Irreführung erfordert erhöhte Aufmerksamkeit beim Einkauf. Die wichtigste Regel: Verlassen Sie sich immer auf die Angabe pro 100 Gramm, denn diese standardisierte Information ermöglicht den realistischen Vergleich verschiedener Produkte unabhängig von der Verpackungsgröße. Berechnen Sie den Gesamtinhalt der Verpackung, indem Sie die Nährwerte mit dem tatsächlichen Inhalt multiplizieren, wenn Sie diesen komplett verzehren möchten.

Hinterfragen Sie Portionsgrößen kritisch und überlegen Sie realistisch, wie viel Sie tatsächlich essen werden, nicht was als Portion angegeben ist. Bei Fertiggerichten sollten Sie besonders aufmerksam sein, denn in der Regel wird die gesamte Mahlzeit verzehrt, nicht eine theoretische Teilmenge. Die Zutatenliste studieren lohnt sich ebenfalls, da die Reihenfolge der Zutaten viel über die tatsächliche Zusammensetzung eines Produkts verrät.

Alternative Perspektiven für bewusste Verbraucher

Die Lösung liegt nicht zwangsläufig im Verzicht auf verpackte Lebensmittel, sondern in der bewussten Auswahl und realistischen Einschätzung. Wer die tatsächlichen Nährwerte kennt, kann diese Produkte weiterhin in eine ausgewogene Ernährung integrieren – allerdings mit korrekter Kalorienbilanzierung.

Eine praktikable Alternative besteht darin, auf Produkte mit transparenter Kennzeichnung zu setzen. Wer selbst kocht und frische Zutaten verwendet, hat die volle Kontrolle über Portionsgrößen und Nährstoffzusammensetzung. Dies ermöglicht nicht nur eine genauere Kalorienbilanzierung, sondern oft auch eine ausgewogenere Ernährung insgesamt.

Die Verantwortung der Verbraucher und der Industrie

Während Verbraucher in der Pflicht stehen, sich zu informieren und Etiketten kritisch zu lesen, trägt auch die Lebensmittelindustrie Verantwortung. Transparente und realistische Portionsangaben würden das Vertrauen stärken und Verbrauchern helfen, informierte Entscheidungen zu treffen.

Die Verbraucherzentralen fordern konkret, dass bei Fertiggerichten die Nährwerte für das ganze Gericht angegeben werden, da in der Regel die gesamte Mahlzeit verzehrt wird. Eine Studie dokumentierte, dass 150 von 185 untersuchten Produkten mit Portionsangaben erweiterte Nährwertangaben auf der Schauseite trugen – allerdings oft mit den beschriebenen unrealistischen Portionsgrößen.

Das Bewusstsein für diese Problematik wächst stetig. Verbraucherschutzorganisationen kritisieren seit Jahren, dass Portionen sehr individuell sind und als Bezugsgröße für vergleichende Nährstoffangaben nur bedingt geeignet. Bis verbindliche Standards jedoch umgesetzt werden, bleibt Wachsamkeit beim Einkauf das wirksamste Instrument gegen irreführende Kennzeichnungen. Wer die Mechanismen kennt und konsequent die 100-Gramm-Angaben als Vergleichsmaßstab nutzt, kann sich schützen und seine Ernährungsziele trotz dieser Hürden erreichen.

Achtest du beim Einkauf auf die 100g-Angaben oder Portionsgrößen?
Immer auf 100g-Angaben
Meist auf Portionsgrößen
Schaue gar nicht hin
Wechselt je nach Produkt
Esse die ganze Packung sowieso

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